Panama

Die junge Frau an der Grenze zu Panama, die die temporäre Importbewilligung ausstellt, ist so unmotiviert, dass sie über eine Stunde braucht, um fünf Zeilen aus Fahrzeugbrief und Reisepass abzutippen. Aber dann heisst es: Bienvenidos a Panama! Wir sind in der Provinz Bocas del Tor, lassen aber die bekannten Inseln aus. Wir sollen einen Freund von Axel aus Nicaragua treffen, also fahren wir zügig nach Boquete. Auf dem Weg dahin sind wir zunächst positiv überrascht, dass es hier noch viel unberührte Natur gibt. Es ist hügelig und kurvig, es erinnert uns etwas an Guatemala. Die hier vorwiegend indigenen Einwohner leben oft in kleinen Holzhütten mit Strohdach und sind Selbstversorger. Was uns aber dann auffällt ist, dass oft Kinder Wäsche in einem kleinen Bach Waschen, Gemüse am Strassenrand verkaufen oder Feuerholz im Wald hacken und das dann mühselig ohne grosse Hilfsmittel den Hang hochtragen. Generell sehen wir hier mehr Kinder und Teenager als Erwachsene.

Nach einer langen Fahrt erreichen wir endlich Boquete. Hier treffen wir auf ein ganz anderes Bild: 50% der Einwohner sind Ausländer, die nach Panama ausgewandert sind und sich hier eine Ferienwohnung gekauft haben. Weil Panama-Stadt sehr heiss, schwül und hektisch ist, kommen sie in ihrer freien Zeit gerne hier her, wo angenehme 25 Grad tagsüber und etwa 18 Grad nachts herrschen. Es gibt wieder Pizza, Burger und Sportsbars. Ist eigentlich nicht so unser Ding aber auch wir geniessen die angenehmen Temperaturen um ehrlich zu sein. Es ist der 31. Dezember und wir decken uns mit reichlich Alkohol für den Abend ein. Nach dem Abendessen sind wir aber so gestopft, dass wir fast auf Silvester verzichten und bereits ins Bett gehen wollen. Irgendwie schaffen wir es aber bis Mitternacht wachzubleiben und stossen zu zweit um Punkt 00:00 Uhr traditionell mit einem Glas Sekt an. Wie schon an Weihnachten feiern wir Silvester dieses Jahr ohne Freunde und ohne Familie, auch unsere Freunde aus Frankreich sind dieses Mal nicht dabei.

Für den nächsten Morgen verabreden wir uns mit Axels Freund und dessen Frau. Er heisst Gianluca, ist eigentlich Kanadier, aber in Venezuela geboren und aufgewachsen und lebt seit kurzer Zeit in Panama mit seiner Familie. Er arbeitet für die UN und ist unter anderem Beauftragter für die Klimaerwärmung in Lateinamerika. Er freut sich sehr, als wir ihm die Flasche Flor de Cana von seinem Freund aus Nicaragua überreichen. Er kennt sich in der Gegend gut aus und zeigt uns ein paar schöne Ecken, Offroad-Strecken mit wackligen Hängebrücken und die besten Stellen zum Baden.

Wir fahren am nächsten Morgen weiter zu einem kleinen Naturschutzgebiet, in dem ein toller Wasserfall zu finden ist und der sowieso auf unserem Weg liegt. Als wir unten am Wasserfall ankommen, ist der gesamte Platz leider voll mit Badegästen. In der App iOverlander lesen wir aber davon, dass wir auch oben am Wasserfall bleiben können. Gesagt, getan. Hier können wir direkt an der Kante parken und den Ort fast alleine geniessen. Aber jemand hat seinen Pickup mitten im flachen Fluss abgestellt und nun wäscht er gründlich mit Seife seinen Wagen samt Felgen und Unterboden. Ihm ist zwar bewusst, dass unten Leute baden und er sich im Naturschutzgebiet befindet, das interessiert ihn aber scheinbar nicht. Unglaublich, Naturschutz kümmert hier wohl niemanden. Am nächsten Morgen sind wir aber tatsächlich allein. Wir packen unsere Drohne aus und machen wunderbare Luftaufnahmen. Etwas beängstigend ist es aber schon zu sehen, was sich eigentlich unter unseren Füssen befindet.

Am 5. Januar machen wir dann die Polizeiinspektion, die für die Verschiffung notwendig ist, holen am Mittag das Protokoll ab und treffen wieder Gianluca mit seinen zwei Freunden. Er hat ein Projekt ins Leben gerufen, eine eigene Kabine für Pickups zu konstruieren und zu bauen. Seine zwei Freunde sind Profis und sollen das Ganze realisieren. Sie inspizieren unsere Kabine im Detail, nehmen jegliches Mass und lassen sich von unseren Ideen und Erfahrungen inspirieren. Wir sind gespannt, was daraus wird. Es wird bereits Abend und wir machen uns auf den Weg zum Schlafplatz. Man hat uns vor dem Verkehr in Panama-Stadt gewarnt, aber dass es so schlimm ist, haben wir nicht geahnt. Ab 15:00 Uhr sind die Strassen in der Stadt überlastet, es geht einfach nicht vorwärts. Für 2km benötigen wir bald 45 Minuten. Was die ganze Sache noch erschwert: Ab gewissen Uhrzeiten und an bestimmen Tagen werden die Stadtautobahnen zu Einbahnstrassen. Da Google Maps diese Regelungen nicht kennt, versuchen wir einfach mal die zweite Autobahn, die durch die Stadt führt. Nun stimmt zwar einigermassen die Richtung, aber auch dieser Weg ist vollgestopft und es geht nicht vorwärts. Wer also am Abend aus Panama-Stadt fahren möchte, sollte etwas zu essen mitnehmen, denn es wird lange dauern und die Geduld strapazieren!

Am folgenden Tag geht’s zu OverlandEmbassy, eine Agentur, die für uns die Verschiffung am 14.01. nach Kolumbien organisiert. Da die Kommunikation sehr schwach war in den letzten Tagen, schauen wir persönlich vorbei um das Prozedere zu klären. Es handelt sich um ein Familienunternehmen und es wirkt auf den ersten Blick so, als wüssten sie was sie tun. Auch bei Google hat es durchgehend positive Bewertungen. Als wir nach einem Vertrag fragen und deren Geschäftsbedingungen, lenkt der junge Geschäftsführer zunächst ab. Wir fragen erneut. Es stellt sich heraus, es gibt gar keinen Vertrag, der Anwalt sei aber noch dran in Zukunft einen zur Verfügung zu stellen. Nicht gut, eigentlich sollten wir mit einer anderen Agentur verschiffen, aber in der kurzen Zeit jemand anderes zu finden, ist nicht einfach. Wir lassen es also dabei. Er verspricht uns sich in zwei Tagen zu melden und das Verladedatum zu bestätigen. Als wir nichts von ihm hören, fragen wir zwei Mal bei ihm nach, bis er sich endlich meldet. Das Schiff hätte einige Tage Verspätung sagt er uns, die Verladung wird um mehrere Tage verschoben. Als wir einige Tage später immer noch kein Datum von ihm haben, bestehen wir darauf, die Buchungsbestätigung der Reederei zu sehen. Darauf vermerkt: Verschiffung am 21.01. und Druckdatum 02.01., sprich er weiss seit Wochen, dass das Schiff auf keinen Fall wie abgemacht am 14.01. ablegen wird, aber gesagt hat er uns nichts. Was für eine Sauerei! Wir fahren wieder zu ihm und fragen was das soll. Er antwortet nur es sei wohl irgendwie untergegangen, es seien immerhin Feiertage dazwischen gewesen. Eine Entschuldigung erhalten wir jedoch nicht. Scheinbar sind die anderen Verschiffungsagenturen auch nicht besser.

In der Zwischenzeit fahren wir an die Karibikküste. Die Küste hätte an sich viel zu bieten, das Wasser ist ruhig und warm, es ist grün und von Palmen gesäumt. Kein Wunder findet man hier auch einige Feriendomizile und Anlagen. Aber viele von ihnen stehen zum Verkauf und sind leer. Die erste Nacht verbringen wir an einem privaten Platz direkt am Strand – hier werden Cabanas vermietet, Veranstaltungen gefeiert und gebadet. Am Abend haben wir den ganzen Platz für uns allein und geniessen den Sonnenuntergang. Am nächsten Tag wollen wir an einen wilden Strand, den uns jemand in Boquete empfohlen hat. Als wir dort ankommen sind wir einfach nur geschockt. Von einem Strand kann man hier nicht reden, denn man sieht mehr Müll als Strand. So ein schöner Ort eigentlich, aber aufräumen will ihn keiner. Im Gegenteil: Jemand hat hunderte Plastikabdeckungen von Ventilatoren auf der Piste ausgelegt, um nicht im Sand zu versinken. Da blutet uns das Herz, wie kann man nur? Und wir in Europa verbieten Plastikstrohhalme, damit die Meere sauber bleiben…

Wir machen uns auf den Rückweg Richtung Panamastadt, besuchen noch ein kleines Fort unterwegs, dass sie gerade am Restaurieren sind und finden ein schönes Plätzchen in Gamboa am Panamakanal. Obwohl es nur ein verlassener Parkplatz ist, fühlen wir uns hier sehr wohl. Die Temperaturen nachts sind angenehmen, zudem gibt es Frischwasser, Entsorgungsgelegenheiten und es ist sicher. Jedes Mal, wenn ein grosser Ozeandampfer den Panamakanal passiert, rennt Anton vor und bestaunt die riesigen Containerschiffe. Währenddessen freundet sich Lilya am Camper mit einem Aguti an und füttert es jeden Abend mit Kokosnüssen. Auch ein Gürteltier lässt sich kurz blicken.

Die Tage vergehen schnell und unsere französischen Freunde sind mittlerweile in Panama eingetroffen. Für sie ist die Reise hier in Panama nach 9 Monaten zu ende. Ihr Wohnmobil haben sie bereits im Hafen abgegeben, so müssen sie nun die nächsten zwei Wochen in Hotels unterkommen und sich mit einem Mietwagen fortbewegen. Wir besuchen sie in ihrer Unterkunft, reden das letzte Mal über unsere Abenteuer, wie wir uns vor über vier Monaten das erste Mal kennengelernt haben und wieviel wir erlebt haben in der Zwischenzeit. Wir trinken das letzte gemeinsame Bier und sagen während die ein oder andere Träne fliesst «Au revoir!» zu unseren neuen Freunden aus Frankreich. Bis hoffentlich irgendwann!

Wohnmobil der Franzosen vor der Verschiffung nach Frankreich

Für uns hingegen naht der Tag der Verladung in den Container. Wir buchen ein Hotel, damit wir den Camper putzen und den Strom abstellen können. Wir fahren nach Colon, wo wir schliesslich auf unseren Agenten und seine Mutter stossen. Da der Container bereits auf dem Trailer ist, muss unser Camper und ein weiteres Fahrzeug zunächst auf eine Ladefläche eines Abschlepplasters, von dem aus wir dann die Autos in den Container manövrieren können. Viel Platz an den Seiten bleibt nicht. Zum Glück ist Anton aber schlank und kann sich noch gerade so aus der Fahrerkabine zwängen. Nun wird das Fahrzeug mit Keilen gesichert und mit Gurten festgezurrt, die Batterie abgeklemmt und nochmals alles geprüft. Es ist Mittag, der Container stand den ganzen Vormittag in der Sonne und die Motoren sind noch heiss von der Fahrt. Dementsprechend schweisstreibend ist die Arbeit im Container. Aber es läuft alles flüssig und wir versiegeln unseren Container. Tschüss Camper, komme bitte heil an in Kolumbien!

Auch für uns heisst es nun Abschied zu nehmen von Panama. Wir fahren am nächsten Tag zum Flughafen, setzen uns in das Flugzeug und heben ab.

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