Die Einreise nach Costa Rica verläuft ohne grosse Komplikationen. Wir importieren unseren Camper, schliessen direkt eine Versicherung ab und wechseln unsere restlichen Cordobas aus Nicaragua zu Colon um. Wir müssen zugeben, dass Costa Rica das sauberste Land in Mittelamerika ist. Nur an wenigen Stellen finden wir Müll am Strassenrand. Sehr gut! Was uns aber weniger gefällt ist das Preisniveau der Lebensmittel. Ein Einkauf von etwa 150 Franken reicht uns für gerade mal drei bis vier Tage. Da müssen wir wohl durch, aber allzu lange bleiben wir hier eh nicht. Und zum Glück wussten wir bereits Bescheid, so konnten wir uns immerhin noch mit Konserven in Nicaragua eindecken. Die ersten Tage verbringen wir auf der Halbinsel Nicoya. In Samara finden wir einen Campingplatz direkt am Strand. Anton sichtlich angetan zieht sich die Badehose an und springt gleich ins warme Wasser. Er versucht stundenlang sich als menschliches Surfbrett von den Wellen antreiben zu lassen, während ein Surfanfänger nebenan keine einzige Welle erwischt. Währenddessen sitzt Lilya neben dem Camper und beobachtet wie drei Aras in den Palmen krächzen und schreien. Wir fahren am nächsten Morgen weiter und merken schnell, dass die Strassen in einem sehr schlechten Zustand sind, sobald man die Touristenpfade verlässt. Keine Schilder, kein Asphalt, manchmal auch keine Strasse mehr – sondern nur noch Wasser. Da wir keine Ahnung haben, wie tief der Fluss ist und wo wir überhaupt entlangfahren müssen, warten wir auf ein anderes Auto. Es kommt ein alter Toyota Corolla, der fährt Vollgas in den Fluss, das Wasser flutet beinahe seine Motorhaube. Aber er weiss wohl was er tut, denn er kommt auf der anderen Seite an. Nun kennen wir den Weg und fahren ebenfalls durch den Fluss.
Weihnachten naht und wir wollen dieses Ereignis wie abgemacht mit der französischen Familie anstatt alleine feiern. Sie aber haben sich einige Tage auf der Rancho dos Alpes in Nicaragua gemütlich gemacht und sind dementsprechend spät dran. Um ihnen entgegen zu kommen, vereinbaren wir uns in La Fortuna zu treffen, also nehmen wir eine Autofähre von der Halbinsel Nicoya zurück auf das Hauptland. Unterwegs sehen wir noch eine Meeresschildkörte im Wasser. Auf dem Festland steigen wir zunächst immer weiter auf, die Temperatur sinkt auf unter 18 Grad, es kommen uns Pinienwälder, saftig grüne Wiesen und darauf pralle Kühe entgegen. Wir sind verwundert, denn damit haben wir in Costa Rica nicht gerechnet. Kurz vor La Fortuna, wo es wieder warm und schwül ist, finden wir ein schönes Plätzchen am Flussbett. Ein Einheimischer hat versucht, auf die Sandbank zu fahren und nun steckt er so tief im Sand, dass sein Auto auf dem Unterboden aufliegt. Wir fragen ob er Hilfe benötigt. Innerhalb von zwei Minuten ist das Abschleppseil dran und wir ziehen ihn ohne Probleme aus dem Sand. Wir fragen ihn, ob es sicher sei hier zu campen. Er antwortet: Wenn ihr eine Waffe habt, dann ist es sicher. Ähm ne, haben wir nicht. Aber ein Freund von ihm, der aus der Gegend kommt meint dann es wäre kein Problem, wenn wir eine Nacht bleiben. So ist es dann auch. Für heute haben wir Tickets reserviert für einen Wanderweg, der über mehrere Hängebrücken durch den Dschungel führt und mit dem Versprechen Wildlife zu sehen wirbt. Mit 27 USD pro Person ist es nicht günstig, aber die Konkurrenz ist bald doppelt so teuer. Es gibt einen Rundweg der gepflegt und sogar für Rollstuhl geeignet ist, aber leider sind hier auch viele andere Touristen unterwegs. Bei jeder einzelnen der fünf Brücken müssen wir zehn Minuten oder länger warten, bis wir endlich an der Reihe sind. Bis auf eine Fledermaus und paar Blattschneiderameisen sehen wir nichts. Auch wenn die Hängebrücken witzig sind, hat sich das nicht gelohnt!
Es ist mittlerweile der 24. Dezember und von den Franzosen ist immer nichts zu sehen. Dabei haben wir doch extra einen Campingplatz gefunden, den sie mit ihrem Wohnmobil befahren können und nicht gleich ihr Konto plündern müssen, da sie zu fünft sind. Es ist seltsam Weihnachten in einem tropischen Land ohne Freunde und Familie zu verbringen, keine Weihnachtskekse, kein Glühwein. Doch zum Glück gibt es das Internet und so telefonieren wir in der Zwischenzeit mit unseren Familien daheim. Und plötzlich sieh da, die Franzosen schaffen es doch noch rechtzeitig. Wir bereiten gemeinsam leckeres Essen zu und stossen auf Weihnachten an. Da dieser Tag eines der wichtigsten im Jahr für die Kinder ist und sie natürlich gerne beschenkt werden, bekommen sie auch eine Kleinigkeit von uns. Während sie am Auspacken sind, sind wir uns nicht sicher, ob sie sich freuen werden. Aber als sie dann die kleinen bunt bemalten Flöten in Form von Papageien und Schildkröten sehen, sind sie begeistert. Sie pfeifen um die Wette und rennen durch die Gegend – zum Leidwesen der anderen Camper.
Für die nächsten Tage trennen wir uns von unseren Freunden und fahren zum Guayacan Rainforest Reserve. Ein ehemaliger Arbeitskollege von Lilya ist ein passionierter Pfeilgiftfröschchenzüchter und war bereits mehrmals in diesem Land. Zu Weihnachten überrascht er uns, indem er eine Tour in diesem Reservat für uns organisiert. Er kennt nämlich den Forscher Bryan, der als Experte auf diesem Gebiet gilt und bereits mehrere neue Arten entdeckt hat. Er kommt ursprünglich aus Southdakota, aber ist aufgrund seiner Passion nach Costa Rica ausgewandert. Als wir dort ankommen, die nächste Überraschung: Wir dürfen in seinem Gästehaus übernachten! Bereits vor der nächtlichen Tour finden unzählige grüne Frösche in einem kleinen Teich gleich neben unserer Unterkunft. Es ist mittlerweile dunkel und Bryan holt uns für die Wanderung ab. Bewaffnet mit Taschenlampen brechen wir auf zur Wanderung durch das riesige Areal, das ursprünglich Forstland war, aber nachdem es Bryan aufgekauft und ruhen lassen hat, hat sich innerhalb von 20 Jahren wieder ein dichter Regenwald entwickelt. Schon nach wenigen Minuten treffen wir auf einen Glasfrosch. Der hat keine Pigmentierung, sodass man die Organe durch die Haut sieht. Etwas Vorsicht ist an den Bächen und Teichen geboten, denn dort tummeln sich auch giftige Schlangen. Bryan hat ein geübtes Auge, er sieht aus 20 Metern einen kleinen grünen Frosch auf einem Blatt sitzen, den Anton nicht mal direkt vor seiner Nase erkennt. Sogar einen seltenen Salamander, der es sich wie eine Spirale gewickelt auf einem Farnblatt gemütlich gemacht hat, begegnet uns auf dem Weg. Die Wanderung dauert in etwa 3 Stunden, wir finden noch andere coole Frösche und lernen viel über den tropischen Regenwald hier.
Um auch die andere Seite von Costa Rica zu entdecken, fahren wir am nächsten Tag an die Karibikküste vorbei an Puerto Limon Richtung panamaische Grenze. Da die Einheimischen gerade Ferien haben und die Touristen-Hochsaison im Januar bevorsteht, sind wir nicht die einzigen die unterwegs sind. Und da die Brücken auf dieser Seite nur einspurig sind und es keine Vorfahrtsregelung gibt, bilden sich Staus bis ins Unendliche. Pura Vida spüren wir in diesem Moment nicht. Die Strände sind zwar schön und paradiesisch, aber da wo man schwimmen kann, reiht sich Kühlbox an Kühlbox und von überall dröhnt Musik. Naja, dafür ist die Wassertemperatur angenehm, das kühlt die überhitzten Gemüter etwas ab. Am nächsten Tag besuchen wir den bekannten Cahuita National Park. Wir laufen 2km der Stege entlang durch den Regenwald, viel los ist zum Glück nicht. So haben wir das gern! Plötzlich raschelt etwas unter unseren Füssen – eine Bande von Waschbären blickt unterm Steg hervor auf der Suche nach Nahrung. So gerne würden wir sie füttern, aber man sollte das nicht, also lassen wir das lieber sein. Einige Meter weiter klingt es plötzlich so, als würde ein Wirbelsturm den Dschungel zerstören. Aber es sind kleine Kapuzineräffchen, die sich streiten und gegenseitig durch den Wald jagen mit einem lauten Getöse. Ein bisschen weiter sieht Lilya plötzlich ein Faultier eine Liane hochklettern. Mit ihrem Moos bewachsenen Fell, sieht man die Faultiere kaum in den Baumkronen. Wir kommen am Strand an und machen eine Pause auf einer Bank, während andere Besucher vorbeikommen und ständig denselben Baum fotografieren. Erst nach einer halben Stunde kommt Anton auf die Idee, da könnte sich ja ein Tier verstecken. Und tatsächlich, in all der Zeit sass ein Faultier mit ihrem Nachwuchs nur 5 Meter von uns entfernt und wir merken das nicht mal. Naturforscher sollten wir besser nicht werden. Aber scheinbar ist das Tier den ganzen Trubel schon gewohnt, es macht ein Nickerchen während wir alle Fotos machen. Echt toll es so nah zu sehen!
Den Abend verbringen wir wieder mal mit den Franzosen, die pünktlich zum Sonnenuntergang eintrudeln. Paar Meter weiter sehen auch sie ihr erstes Faultier oben in einem Strommasten. Nach genauerem Hinsehen merken wir jedoch, dass es wohl nicht mehr ganz so lebendig ist. Nicht gerade der schönste Anblick für die Kinder. Aber nur wenige Minuten später kommt bereits das nächste Tier und lenkt sie ab. Ein Ameisenbär hat keine Lust auf der Strasse zu laufen und nimmt stattdessen lieber die Stromleitung. Akrobatisch hangelt es sich über unsere Camper, Masten für Masten bis es an eine Palme gelangt und sich dort etwas zu fressen sucht. Ein weiteres Kreuzchen, dass wir in unserer Tiersammelliste machen können!
Wir fahren gemeinsam ins Manzanillo Refugio. Der Eintritt ist zum Glück auf Spendenbasis. Wir müssen zugeben, von der Wanderung her ist dieses Refugio schöner, als der Cahuita Nationalpark, hat jedoch weniger Wildlife, dafür mehr Besucher. Die Wanderung führt abwechselnd durch den Dschungel, über matschige Aufstiege vorbei an Aussichtspunkten. Die Strände sind wunderschön, wir würden gerne baden, aber die Franzosen haben keine Badesachen dabei und wir sind auch etwas spät dran um ehrlich zu sein.
Es ist schon wieder Zeit Costa Rica hinter uns zu lassen, denn wir müssen ja zügig nach Panama zwecks Verschiffung. Schade finden wir, dass bereits einfache Einkäufe tiefe Spuren in unserem Geldbeutel hinterlassen haben und die Strände so voll waren, wie bei uns Schwimmbäder an heissen Sommertagen. Wir müssen jedoch zugeben, wir empfinden Costa Rica landschaftlich als sehr schön und sind begeistert, wieviel wilde Tiere überall zu sehen sind. Das hatten wir so noch nicht erlebt in Zentralamerika, das ist einzigartig!
