Vor Grenzübergängen nehmen wir immer gerne ein Hotel um uns für den ganzen Bürokram vorzubereiten und unseren Camper auf Vordermann zu bringen. Auch dieses Mal haben wir einige Dokumente vorzubereiten und Versicherungen abzuschliessen.
Am Morgen geht es dann los und die richtige Ausfahrt zu finden ist nicht mal so einfach. Tijuana ist ein sehr grosser und moderner Grenzübergang, wobei mehrere tausende Fahrzeuge pro Tag passieren. Wir müssen zuerst unsere Stempel für den Pass holen und anschliessend unser Fahrzeug registrieren lassen. Wie an jeder Grenze gibt es neue Probleme. Sie können unsere Fahrzeugidentifikationsnummer nicht in ihr System eintragen. Wir warten also geduldig zwei Stunden am Schalter bis das Problem gelöst ist. Sobald alles Administrative geregelt ist, können wir weiter zu der Kontrolle fahren. Hier stehen viele Kameras und registrieren jedes Fahrzeug. Wir wissen nicht ob man durch Zufallsprinzip oder kontrolliert ausgewählt wird, aber wir haben Glück und werden nicht mehr angehalten oder kontrolliert. Aus dem Zollgebäude raus, kommt man gleich in die lebhafte Stadt Tijuana. Eine Woche vor unserer Einreise gab es noch Bandenkriege in Tijuana, wobei die Banden alle vorgewarnt hatten, an bestimmten Tagen nicht auf die Strasse zu gehen und die Touristen sollen verschwinden. So konnten die Banden so zu sagen eine Säuberungsaktion durchführen. Allgemein ist Tijuana nicht gerade für seine Sicherheit bekannt, also fahren wir schnell weiter und holen uns für die erste Nacht auch gleich ein Hotel in der Nähe von Ensenada, um uns zu akklimatisieren.
In Baja California ist es heiss und wir müssen schnell feststellen, dass hier keiner mehr Englisch spricht. Wir haben ein Ziel und wollen ziemlich schnell nach Todos Santos durchfahren um Freunde zu besuchen. Die Strecke zieht sich aber extrem lange und auf der langen Strecke werden wir ständig durch Polizei oder Militärkontrollen angehalten. Wir sind bei diesen Kontrollen immer ziemlich nervös, da die Polizei und das Militär in Mexiko oft korrupt sind und einem gerne mal Drogen unterjubeln. Oft verlangen sie dabei Geld, Alkohol oder Wertgegenstände und gelegentlich beklauen sie einen. Mit unserem spärlichen Spanisch können wir uns aber gut durchschlagen und man muss halt immer freundlich sein und ihnen genau auf die Finger schauen. Ich glaube jeder reisende Tourist entwickelt seine eigene Taktik um mit solchen Situationen umzugehen, aber leider haben wir auch viele getroffen die trotzdem verarscht wurden.
Die Strecke von Baja California beginnt in einer kargen trockenen Wüste, plötzlich tauchen aber wunderschöne und riesige Kakteen auf. So eine Diversität von Kakteen hatten wir bis jetzt auch noch nie gesehen und wir sind absolut begeistert von dieser Szenerie. Plötzlich wird es etwas feuchter und vor uns tut sich eine Palmenlandschaft mit Seen auf. Hier haben wir zum ersten Mal das Vergnügen die Mexikanisch Partykultur zu erfahren. Es ist Sonntag und wir verbringen die Nacht alleine auf dem Campingplatz. In der ganzen Gegend hört man aber lautstarke Musik und Gesänge bis um sechs Uhr morgens. Auch mit Feuerwerk und Böller gehen die Mexikaner nicht sparsam um. Sehr spannend ist für uns auch zu sehen, dass die Mexikaner gerne Picknicks mit der ganzen Familie unternehmen und dabei ihren Kofferraum mit Lautsprechern ausstatten und die Musik so richtig laut aufdrehen. Dies wäre auch kein Problem, wenn das nicht jeder aneinandergereiht mit unterschiedlicher Musik machen würde.
Wir fahren weiter und plötzlich tauchen wunderschöne Sandstrände wie aus dem Bilderbuch auf. Wir bleiben aber nicht lange, da es uns viel zu heiss und ein Hurrikan im Anmarsch ist. Unterwegs machen wir noch ein paar Tagestrips nach La Paz, Cabo San Lucas und Todos Santos. Die Städte sind alle sehr schön, doch für unseren Geschmack etwas zu touristisch und auf den amerikanischen Tourismus zugeschnitten. In Cabo San Lucas ist es nicht einmal möglich an die Strände zu gelangen, da sie die ganze Küste mit riesigen Hotelkomplexen zugebaut haben. Wir besuchen unsere Freunde noch schnell und entscheiden uns den langen Weg zurückzufahren, um so auf das Festland zu gelangen bevor der Hurrikan eintrifft. Als alternative gibt es aber auch eine Fähre auf das Festland, die wollen wir aber wegen dem Sturm nicht nehmen, da es auf der fast 20-stündigen Überfahrt sehr unangenehm werden kann. Auf dem Rückweg sehen wir schon die ersten Zerstörungen der Vorläufer des Hurrikans. Viele Strassen sind zerstört, Dörfer überflutet oder Schlammlawinen versperren uns den Weg. Wir nehmen uns aber noch die Zeit und besuchen zwei grosse Salinen. Solche Salzseen sind einfach ein magischer Ort, auch wenn hier harsche Lebensbedingungen herrschen.
Wir haben es auf s Festland geschafft und müssen nochmals Gas geben um von dieser Gegend wegzukommen. Die gefährlichsten Gebiete befinden sich fast alle an den Grenzregionen, also schnell Weg hier. Das Wetter wird aber immer schlechter und der Hurrikan hat uns mittlerweile eingeholt und die Richtung geändert. Wir stellen also unseren Camper unter und verbringen zwei Nächte in einem Hotel. Wir können es aber nicht lassen und fahren an die Küste um zu sehen wie der Hurrikan langsam näher kommt. Obwohl wir den Hurrikan nur am äussersten Rand miterleben, ist unser Hotel unter Wasser, extreme Windböen wehen und der Strom fällt aus. Aber alles im Allem haben wir und der Camper alles gut überstanden. Auch hier fahren wir dann schnell weiter da Überfälle, Fahrzeugdiebstahl und Drogenbaden hier die Gegend beherrschen. Unser Nächstes Ziel ist Mazatlan.
Es wird langsam richtig grün und die ersten Tropenwälder tun sich auf. Mazatlan ist eine bedeutende Hafenstadt und wir erreichen sie am späten Nachmittag völlig erschöpft. Da wir von den letzten Nächten völlig zerstochen und überhitzt sind, gönnen wir uns erneut ein Hotel um uns mit einer anständigen Dusche zu belohnen. Auf die schnelle finden wir nur ein seltsames Hotel. Angekommen erhärtet sich der Verdacht, dass es sich hier um ein ehemaliges Sex Hotel handelt. Die Befestigung der Spiegel befinden sich noch an der Decke, überall sind Papiertücher Spender befestigt, in der Wand zu nächstem Zimmer ist eine Art Warenklappe und im Fernsehen laufen nur Pornokanäle. Naja was macht man nicht alles für eine anständige Dusche, da nimmt man auch herumrennende Ratten im Zimmer in Kauf.
Bevor wir weiter Richtung Mittelland reisen, wollen wir aber nochmals abkühlen und entschliessen uns, in einem Vulkankrater zu übernachten. Die Strecke in den Vulkan ist sehr steil und eng. Zum Glück begegnen uns auf dem Weg nach oben nur ein paar Kühe. Saftige grüne Wiesen und dampfende Wände begrüssen uns auf der Spitze. Wir schlagen unser Lager auf und geniessen eine angenehme ruhige kühle Nacht bei 10 Grad. Doch plötzlich fängt unser Camper um Ein Uhr nachts an zu schütteln. Wir schrecken auf und denken direkt an ein Erdbeben, oder noch schlimmer, der Vulkan bricht aus. Plötzlich hören wir aber ein lautes schnauben neben dem Fenster. Ein Herde Pferde hat sich zu uns gesellt und sich entschieden ihre Hintern an unserem Camper zu kratzen. Erleichtert brechen wir in Gelächter aus und schlafen weiter.
Wir fahren weiter wo es erneut heiss und trocken wird, und zwar nach Tequila. Der Name Tequila bedeutet der Stein der schneidet und der kommt nicht von ungefähr. Tequila befindet sich in einer Vulkan Zone und das ganze Land ist mit Obsidian übersät. In Tequila selber nutzen sie den Stein um die Häuser und Gehsteige zu verzieren. Was aber den Meisten ein Begriff sein wird ist Tequila der Alkohol, der aus Agaven gemacht wird. Aus diesem Grund sind auch wir hier und buchen sogleich eine Tour mit Verkostung in der Stadt. Wir entscheiden uns bei der Destillerie Sauza die Tour zu machen. Sie ist eine der grössten Brennereien und einer der wenigen, die auch die Tour in Englisch anbieten. Unsere Tour führt uns zuerst auf die Agavenfelder. Die Agave kann erst ab einem alter von 8 Jahren geerntet werden. Für die Ernte gibt es Spezialisten die mit einer Art Pizzaschaufel, die aber sehr sehr scharf ist, das stachlige Grünzeug wegschneiden. Die Knollen werden anschliessend in riesigen Lastwagen zu der Destillerie transportiert. Bei der Tequila Herstellung werden die Knollen in Stücke zerlegt und mit einer Salzsäurelösung wird der Agavensaft gewonnen. Bei der Mezcal Herstellung werden die Agaven aber gekocht, was dem Getränk den rauchigen Geschmack verleiht. Auf der Tour dürfen wir die verschiedenen Prozessschritte kosten und auch noch einige unterschiedlich gealterte Varianten. Als krönender Abschluss dürfen wir unseren eigenen Cocktail mixen und trinken. Cantarito wird dabei aus verschiedenen Zitrusfrüchten wie Grapefruit, Orange und Limette, Salz, einer Limo und natürlich Tequila gemixt. Der Rand des Bechers wird dabei mit einer sauer, salzig und scharfen Gewürzmischung überzogen. Sichtlich beschwipst besuchen wir nach der Tour die bunte Altstadt. Tipp an alle die an eine Tequila Tour gehen, etwas vor der Tour zu essen. Das war dann wohl unser Fehler. Die kleine Stadt ist sehr schnell überfüllt, da gerade der Mexikanische Nationalfeiertag ist. Wir entscheiden uns weiterzufahren und den mehrtägigen Nationalfeiertag auf einem schönen Campingplatz in einem Nadelwald zu verbringen. Hier treffen wir mehrere Overlander die mit uns Zuflucht vor den Massen suchen. Ein schweizer Pärchen, eine französische Familie mit drei Kindern und ein brasilianisches Pärchen mit Hund. Wir verbringen eine tolle Zeit zusammen mit tollen Gesprächen und tollem Essen. Wir sehen uns noch einige Male auf unserer Reise und es sind tolle Freundschaften entstanden unterwegs.
Wir fahren mit dem schweizerischen Pärchen (Instagram: on.vagabonde) weiter nach Ajijic an einen See und geniessen hier alle zusammen einen schönen Abend mit Weisswein und Fondue. Den Morgen geniessen wir bei schönem Wetter am See, als plötzlich die Erde anfängt Wellen zu schlagen. Wir sind alle ziemlich geschockt und laufen schnell auf eine offene Fläche. Viele Einheimische laufen vorbei und fragen ob alles in Ordnung ist, aber wirklich besorgt scheinen sie nicht zu sein, da Erdbeben hier sehr oft vorkommen. Speziell war es aber wegen des Datums, da es am 19. September schon zweimal zuvor ein Erdbeben gab, auch mit schwerwiegenden Folgen und vielen Opfern.
Weiter geht es für uns nach Guadalajara, weil wir unbedingt ein mexikanisches Wrestling anschauen wollen. Wir nisten uns in einem Hotel in zentrumsnähe ein, damit wir die Stadt zu Fuss erkundigen können. Am ersten Abend geht’s zu Luccha Libre, der mexikanischen Version des Wrestlings. Was für die Einen vielleicht gewalttätig aussehen mag, ist es für uns doch sehr faszinierend. Die bunt maskierten Athleten fliegen durch die Luft, teilweise über zwei Meter hoch, machen Saltos und andere Kunststücke, ohne sich dabei zu verletzen. Die Stimmung des Publikums heizt sich immer mehr auf. Rufe werden immer lauter, die vom gegnerischen Lager noch lauter erwidert werden – und wir mittendrin! Was für ein einmaliges Erlebnis! Den ganzen Abend lang rennen Verkäufer mit allerlei Getränken und Essen durch die Gänge und tragen auch mit ihren lauten Anpreisungen zu der Stimmung in der Arena bei.

Am nächsten Tag geht’s zunächst einmal zum grössten Indoor-Markt Lateinamerikas. Schnell haben wir uns im Labyrinth zwischen den unzähligen Verkaufsständen verirrt. Hier bekommt man von Lederwaren, chinesischem Plastik-Kram und Elektronik auch (halb)-lebendige Hühner, Hasen und andere Tiere. Für uns in Mitteleuropa unvorstellbar, aber in Lateinamerika sind diese Art von Märkten in jeder Stadt zu finden.
Den Rest des Tages verbringen wir mit Bummeln in der Stadt. Das Zentrum ist ordentlich und aufgeräumt. Hinter jeder Ecke finden wir eine schöne Kathedrale, ein Denkmal oder einen hübschen kleinen Park. Zu unserer Überraschung ist der deutsche Bundespräsident Frank Walter Steinmeier zu Besuch in der Stadt. Für etwa zehn Sekunden sehen wir ihn direkt vor uns, danach setzt er sich in einen schwarzen SUV und verschwindet in Begleitung eines Polizeikonvois.
Wir fahren weiter ins Landesinnere. In dem kleinen Städtchen Guanajuato finden wir einen Stellplatz oberhalb der Stadt mit Blick ins Tal. Dort treffen wir auch Audrey und Benji (on.vagabonde) wieder. Guanajuato ist eine alte Minenstadt, die für die giftigen Abwässer ein weitläufiges Tunnelsystem angelegt hat. Heute führen Strassen durch diese Tunnel und für Fussgänger sind sie eine willkommene Abkürzung. Die Stadt selber besteht aus kleinen Häuschen an den Hängen, die wie Kartons an- und übereinander gestapelt wurden. Die meisten Häuser sind in bunten Farben gestrichen. Ein Spaziergang durch die engen verwinkelten Gassen hinterlässt bei uns erstaunte Gesichter. Im Zentrum selbst finden sich Kathedralen, Kirchen und grosse Plazas. Auf diesen Plätzen spielt das Leben der Einheimischen. Es ist laut, chaotisch und vollgestopft mit Menschenmassen. Nach einigen Stunden wird es dann aber zu viel für uns.
Am nächsten Tag besuchen wir das Mumienmuseum der Stadt. Im Jahr 1833 brach Cholera in Guanajuato aus mit unzähligen Toten. Aufgrund einer nicht bezahlten Steuer der Angehörigen, verloren die Verstorbenen ihr Recht auf einen Friedhofsplatz und wurden wieder ausgegraben. Da die Verstorbenen für Mexiko typisch oberirdisch beigesetzt wurden, haben sich einige davon auf natürliche Art mumifiziert. Friedhofsmitarbeiter bemerkten bald, dass sie dafür Geld verlangen können und stellten sie daraufhin aus. Wir betreten das Museum und haben sofort ein schauriges Gefühl, die Mumien zu sehen, manche mit gequältem Blick und aufgerissenen Mündern. Einige tragen noch ihre Kleider, andere wiederum sind nackt. Zu manchen Mumien stehen noch Informationen zu ihrer Person. Als wir am Ende des Museums ankommen, gelangen wir an unsere Grenzen. Denn dort sind mumifizierte Kinder und Säuglinge ausgestellt. Darunter auch ein Frühchen, dass heute zur kleinsten Mumie der Welt gilt. Wir ertragen viel, aber das wird zu viel für uns und wir verlassen das Museum.
Von der Innenstadt aus kann man mit einem keinen Schrägaufzug zur einer Aussichtsplattform fahren. Da dieser wohl sehr beliebt ist, finden wir eine 100m lange Warteschlange davor. Wir beschliessen also die Treppen zu nehmen. Auch wenn es nicht ganz einfach ist, den richtigen Weg durch die verwinkelten Gassen zu finden, kommen wir irgendwann oben an und geniessen den Ausblick auf die bunte Stadt.
Auf dem Weg nach Grutas Tolantongo machen wir eine kleine Pause in San Miguel de Allende. Zu unserer Überraschung treffen wir viele Rentner, hauptsächlich aus den USA. Das Städtchen ist ordentlich und gepflegt, es hat viele preiswerte Restaurants und schicke Läden. Auch wenn wir ein super Mittagessen geniessen, wird Anton die darauffolgenden Tage an einer kleinen Magenverstimmung leiden werden.
Nach zwei Tagen kommen wir zu den Grutas Tolantongo, natürliche Thermalquellen in einem Tal. Zu unserem Glück regnet es und die Tage sind kalt, was Viele von einem Besuch abhält. Die Strecke zu den Grutas ist sehr steil und wird mit dem anhaltenden Regen sehr matschig und schwer zu befahren. Gut für uns, wir müssen den Ort mit nur sehr wenigen Leuten teilen. Bei den Grutas handelt es sich um kleine Becken, die wahrscheinlich aus Beton im Hang erbaut wurden. Über die Jahre hat sich eine dicke Kalkschicht über die Becken gelegt, sodass sie nun wie natürlich erscheinen. Wir suchen uns den schönsten Pool aus und lassen uns im warmen Thermalwasser einweichen. Das Wasser läuft direkt über die Kante ab, was einen tollen Infinity-Blick erzeugt. Wir sitzen entspannt im Becken und geniessen ungestört die Aussicht ins Tal. Unten im Tal befindet sich auch noch ein natürlich heisser Fluss in dem man baden kann, doch wir haben die Becken mit der tollen Aussicht mehr genossen.
Nach diesem Spa-Tag sind wir erholt und wieder bereit für etwas mehr Action. Es geht auf den Vulkan Popocatapetl! Schon bereits von unten sehen wir den mächtigen Vulkan aus der Landschaft ragen, die Spitze leider bedeckt in Wolken. Wir nehmen also den kürzesten Weg nach oben und fahren 2 Stunden Offroad über Stock und Stein. Die Ernüchterung nach dieser anstrengenden Fahrt: der Popo, wie er liebevoll von den Einheimischen genannt wird, ist immer noch in Wolken gehüllt. Weil wir die Hoffnung nicht aufgeben wollen, entscheiden wir uns, die Nacht auf über 4000 Höhenmetern zu verbringen. Wir sind zwar im heissen Mexiko, aber hier oben wird es verdammt kalt. Hinzu gesellen sich dann auch noch Kopfschmerzen und Sauerstoffmangel bei jeder kleinen Anstrengung. Dann eine weitere Überraschung: unsere Diesel-Standheizung mag die Höhe nicht. Nach drei Startversuchen im Notmodus und viel Rauch um unseren Camper, gibt sie schliesslich ihren Geist auf. Also ziehen wir uns paar Schichten Klamotten an und decken uns mit allen Decken, die wir haben, zu. Die Atemluft ist zwar kalt, aber die Nacht verbringen wir dennoch erstaunlich gut. Wie kalt es tatsächlich war, merken wir am folgenden Morgen: unsere ausgeatmete feuchte Luft hat stellenweise kleine Eiszapfen an der Decke wachsen lassen. Wir verlassen unseren Platz und fahren zu einem Sendemast. Dort wärmen wir uns in der aufgehenden Sonne und bei einer Tasse heissen Tees. Der Blick auf den Vulkan ist heute sehr gut. Und plötzlich tut sich etwas: der Vulkan eruptiert und spuckt eine enorme Aschewolke aus dem Krater. Fasziniert schauen wir der wachsenden Aschewolke zu und freuen uns, dass sich die Strapazen doch voll gelohnt haben. Zwei Stunden noch schauen wir den Ausbrüchen zu und machen unsere Fotos.
Wir verlassen den Popo und fahren zügig Richtung Karibik. Auch wenn der Weg dorthin durch bergige Dschungellandschaft führt und wir gerne ein zwei Tage hier verbringen würden, ist die Region sehr gefährlich. Es wird regelmässig über bewaffnete Überfälle zu jeder Tageszeit und auch auf den Mautstrassen berichtet. Ohne grössere Pause fahren wir nach Veracruz. Uns beeindruckt die Stadt leider nicht. Zwar hat man die Plazas und einige Gebäude aus der Kolonialzeit restauriert und sehr schön hergerichtet, dazwischen finden sich jedoch viele Ruinen. Ausserhalb ist es nur eine Industriestadt. Auch der Strand zeigt auf den Hafen, sodass man immer einen Blick auf die Ozeandampfer beim Baden hat.
Wir fahren weiter Richtung Süden, passieren abwechselnd tropische und karibische Landschaften, sehen unsere ersten Aras. Ein ehemaliger mexikanischer Arbeitskollege von Lilya empfiehlt uns Calakmul, eine Maya-Ruine mitten im Dschungel. Über anderthalb Stunden lang fahren wir durch den dichten Wald der engen Strasse entlang. Zum Glück haben wir einen kompakten Camper denken wir uns, denn es kommen nur normale Autos durch. Die Maya-Ruine ist wenig besucht, wir haben sie fast für uns alleine. Das Besondere ist: man darf viele der Pyramiden noch besteigen! Die Höhe der Stufen ist gross und verdammt steil, teilweise müssen wir seitlich die schmalen Stufen hoch. Oben angekommen, öffnet sich der Urwald und wir haben einen Blick über die gesamte Umgebung und die anderen im Urwald versteckten Pyramiden. Das Ganze wirkt sehr mystisch, umso mehr fasziniert uns Calakmul. Im Dschungel entdecken wir noch eine Gruppe Brüllaffen, die sich in der Baumkrone satt fressen. Wir erklimmen die letzte Pyramide des Tages und ahnen schon, dass uns Muskelkater die nächsten Tage begleiten wird.
Um uns etwas zu entspannen, nisten wir uns für drei Tage in einem Hotel in Bacalar ein. Bacalar sieht aus, wie eine türkisfarbene Lagune, tatsächlich handelt es sich um kristallklares Süsswasser. Das Wasser ist angenehm, sodass man Stunden darin verbringen könnte. Dies zieht natürlich auch internationale Touristen an, was man auch an den Restaurantpreisen merkt. In dem Ort selbst ist leider bis auf einen öffentlichen Steg jeder Zugang zum See verbaut und in privaten Händen. Man muss also zahlen. Das trübt etwas unsere Stimmung und wir verlassen den Ort.

In Xcalak finden wir einen Anbieter für Schnorcheltouren mit der Chance auf Seekühe! Ausserdem schnorchelt man entlang des zweitgrössten Barrier-Reefs der Welt. Wir sind motiviert und buchen den Trip. Zusammengefasst: wir zahlen 60USD pro Person, sehen aber weder Seekühe noch wirklich interessante Korallenriffe. Das hat sich nicht gelohnt…
In Tulum beginnt dann wieder der amerikanische Tourismus: Kilometerweit erstrecken sich Hotels entlang der Küste, keine Chance da ein ruhiges Plätzchen zu finden. Dazwischen immer wieder mal schicke Boutiquen, die schönen Schmuck und hübsche Kleider verkaufen. Das aber zu astronomischen Preisen. Die Maya-Ruine in Tulum schauen wir uns dennoch an und machen schöne Fotos. Um etwas Ruhe zu finden, fahren wir in das Sian Kaan Bioreservat. Wir zahlen 5USD pro Kopf für den Eintritt und sind gespannt, was uns dort erwartet. Es könnte ein so schöner Ort sein, jedoch kümmern sich die Ranger nur um das kassieren des Eintritts, um danach wieder am Handy die Zeit tot zu schlagen. Die ersten 10km der Küste sind in Privatbesitz, die Brücken sind voll mit Fischern (obwohl Angeln im gesamten Areal verboten ist) und der frei zugängliche Strand ist verseucht mit Tonnen von Müll. Von den Kreuzfahrtschiffen soll der Müll kommen sagen einige. Aber welcher Tourist wirft Kühlschränke, Reifen und leere Motorölkanister von Board ist uns ein Rätsel. Wir müssen zugeben, dass uns die gesamte Küste von Tulum bis Cancun sehr enttäuscht hat. Wirklich alle Strände sind verbaut mit riesigen Hotel- und Wohnanlagen. Der Strand gehört zwar der Öffentlichkeit, aber für den Zugang dahin lassen sich die Eigentümer gut bezahlen. 15 USD pro Person verlangen sie. Absurd! In einem ehemals verschlafenen Küstenort spricht uns eine Frau auf Deutsch an. Ihre Mutter hat im mexikanischen Konsulat in Berlin gearbeitet, sie wuchs also in Deutschland auf und erzählt uns, dass innerhalb von 15 Jahren die gesamte Küste zubetoniert wurde. Ausländische Investoren und Reiche aus Mexiko-Stadt haben sich dazumal Immobilien gekauft und drei Jahre später für das dreifache an Wert verkauft. Ein lukratives Geschäft für sie, ein eher trauriger Anblick für uns.
Es nähert sich der 20. Oktober, Antons Geburtstag. Dafür buchen wir für drei Tage ein wundervolles Hotelzimmer, das grösser ist, als unsere ehemalige Wohnung. Leider fängt sich Anton eine Erkältung ein und anstatt mit Margaritas wird mit Tee und Neocitran angestossen. Eine leckere Torte gibt es dennoch, die sich Anton fast alleine die folgenden Tage reinzieht.

Wir ziehen weiter nach Las Coloradas. Auf der einen Seite das karibische Meer (wieder mit Tonnen von Müll), auf der anderen Seite Salinen. Einige Becken haben eine rote Färbung und werden gerne von Flamingos besucht. Wir haben Glück und sehen hunderte von rosafarbenen Flamingos und andere Vögel. Auch ein Krokodil lässt sich kurz blicken.
Da es ein heisser Tag ist, wollen wir zur Abkühlung eine Cenote besuchen. Auf der gesamten Halbinsel von Yucatan findet man unzählige Cenotes, Karsthöhlen, die mit Grundwasser gefüllt sind. Die bekannten Cenotes in der Nähe von Tulum sind meistens proppenvoll und man verlangt um die 35USD pro Person an Eintritt. Für eine Genehmigung um Fotos oder Videos zu machen zahlt man nochmals drauf. Ausgestattet mit Zipline und Co (Aufpreis) ist es natürlich ein Paradies für die amerikanischen Familien, wir wählen aber eine andere. Die Choj Ha Cenote kostet ca. 7 USD, dafür ist man alleine in einer riesigen Tropfsteinhöhle, in der man sogar Tauchen und Kayak fahren kann. Auf der einen Seite extrem faszinierend, auf der anderen Seite aber auch beängstigend die langen Stalaktiten von der Decke hängen und unten die tiefe des Beckens zu sehen. Kleine Fischchen knabbern am Körper und verschrecken uns jedes Mal. Atemberaubendes Erlebnis unserer Meinung nach!
Anderthalbstunden später erreichen wir Homun. Ein kleiner Ort, mit hunderten Cenotes. Jedes Haus quasi hat einen eigenen Zugang. Wir übernachten dort und fahren am nächsten Tag fast 2h durch den Urwald um an einen See zu kommen. Der See ist nichts Spezielles, also kehren wir nach der Mittagspause um. Auf halben Weg biegen wir links ab, fahren durch das Gebüsch und holen uns einige tiefe Kratzer in den Lack. Am Ende finden wir eine verlassene Cenote, die Treppen hinunter bereits vermodert. Durch ein Loch in der eingebrochenen Decke scheint die Sonne direkt ins Wasser. Die Strahlen reichen etwa 10 Meter ins blaue Wasser, bis sie in der Unendlichkeit der Tiefe versickern. Anton hat zwar die Hosen voll, lässt es sich aber dennoch nicht nehmen, ins tiefe Blau zu springen. Ein mulmiges Gefühl hat man beim Schwimmen definitiv, zumal die Sonne am späten Nachmittag so langsam verschwindet. Aber bei den Maya gelten Cenotes als heilig und heilend, wird schon gut ausgehen. Als Anton von irgendetwas im Wasser gestupst wird, hat er aber genug davon.
Auf dem Weg nach Merida machen wir noch einen kleinen Abstecher nach Izmal. Izmal ist ein kleines Städtchen, das einfach nur gelb ist. Kirche gelb, Häuser gelb, Mauern gelb. Lustig zum Fotos machen, vielmehr ist es aber auch nicht. Wir essen lecker zu Mittag und brechen auf nach Merida.
Es ist mittlerweile Ende Oktober und die Vorbereitungen für Dia de Muertos, der Tag der Toten, laufen bereits seit Wochen. Dem altmexikanischen Glauben zufolge dürfen die Verstorbenen einmal im Jahr zum Ende der Erntezeit zurück aus dem Jenseits kommen, damit sie gemeinsam mit den Hinterbliebenen diese Tage feiern können. Als die spanischen Eroberer kamen und mit ihnen der katholische Glaube, vermischte sich dieser ursprüngliche Kult mit dem Tag der Allerheiligen und den Allerseelen, sodass es auch von der katholischen Kirche akzeptiert wurde und bis heute gelebt wird. Die gesamte Familie trifft sich dabei, errichtet einen buntgeschmückten Altar, die Ofrenda, säubert die Gräber (und teilweise auch die Knochen darin), und stellt die schönsten Fotos der Verstorbenen auf mit den Lieblingssachen der Verstorbenen, damit sie diese als Geschenk ins Jenseits mitnehmen können.
Wir wollen uns dieses Ereignis nicht entgehen lassen und verabreden uns mit Freunden von Anton, die einige Tage in Mexiko verbringen, zu einer Parade. Typisch Lateinamerika: die Parade beginnt mit einer 30-minütigen Verspätung. Doch das Warten lohnt sich. Die Tore des Friedhofs öffnen sich und die «Toten» beginnen aus dem Jenseits zu steigen. Einige sind in schlichten weissen Gewändern gehüllt und tragen still eine Kerze in der Hand, andere hingegen haben die buntesten Kleider an und tanzen zur fröhlichen Musik. Die Gesichter sind als Totenköpfe geschminkt. Die Parade führt zum Zentrum der Altstadt, vorbei an unzähligen Ofrendas, an denen die Familien das leckerste Essen auftischen und gemeinsam verspeisen. Als wir die Chance bekommen, uns auch einen Totenkopf ins Gesicht schminken zu lassen, sagen wir natürlich nicht nein und sind hinterher umso erstaunter, als wir das Ergebnis sehen. Echt cool-aussehend lassen wir den Abend mit Freunden in einer Bar ausklingen. Leider ist dieser Brauch gefährdet, da er immer mehr von Halloween verdrängt wird, weswegen er von der UNESCO zum Erbe der Menschheit ernannt wurde.
Am 2. November enden die Feierlichkeiten und wir verlassen nach einem kleinen Strandausflug in Sisal die Stadt Richtung Chetumal, um uns auf den Grenzübergang nach Belize vorzubereiten. An diesem Abend zieht ein Huricane durch Belize, dessen heftigen Auswüchse wir bereits in Chetumal zu spüren bekommen. Wir verbringen die Nacht lieber in einem Hotel, denn es regnet in Strömen und der starke Wind rüttelt an den Wellblechen der umliegenden Häuser. Der Strom fällt nach dem heftigen Regen für ein paar Stunden aus, doch dies ist relativ normal in Zentralamerika. Am nächsten Tag scheint die Sonne und wir passieren ohne Probleme die Grenze zu Belize, holen eine Autoversicherung und kaufen das Nötigste ein. Auf nach Belize!