Willkommen zurück in den USA

Unser erster Stopp zurück in den USA ist Seattle. Wir haben uns schon oft beschwert, dass wir Städte in den USA und Kanada nicht so mögen, da sie nicht wirklich eine lange Geschichte oder ein Stadtzentrum haben wie bei uns in Europa. Seattle ist für uns aber überraschend schön. Die Wohngebiete sind sehr grün und die Stadt an sich hat sehr viel zu entdecken. Wir schlendern durch den berühmten Farmers Market, wo Verkäufer ihren Fisch durch die Gänge werfen, besuchen den Troll unter einer Brücke und verewigen uns an der Kaugummiwand, auch wenn es ziemlich eklig ist. Beim Mittagessen werden wir von Möwen belagert – selbstverständlich muss Anton eine davon füttern. Zum krönenden Abschluss fahren wir zu einem Aussichtpunkt, an dem man über die Stadt sieht mit «the Needle» im Vordergrund und dem imposanten Mount Rainier im Hintergrund. Welch eine schöne Stadt und wir kommen gerne wieder.

Um unser Städtetrip weiterzuführen fahren wir nach Portland, Oregon, weiter. Die Stimmung in der Stadt ist sehr sonderbar – viele Obdachlose und Junkies zelten mitten in der Stadt – deshalb entscheiden wir uns dann nach zwei Stunden doch lieber weiterzufahren.

Wir fahren an den Pazifik, entlang Highway 101 und kommen am Cannon Beach vorbei. Den Strand konnten wir 2020 auch schon besuchen und waren total begeistert und genossen die Corona-Einsamkeit dazumal. 2022 ist nun mehr los, jedoch ist der Strand noch genau so beeindruckend. Wir vergleichen die Bilder von vor zwei Jahren mit den aktuellen Bildern und können fast keine Unterschiede feststellen und müssen dabei etwas schmunzeln.

Auch ein Ziel welches wir 2020 nicht besuchen konnten war der Crater Lake. Wie es der Name schon sagt, ist es ein See in einem Vulkankrater, eines der blausten Seen der Welt und der tiefste der USA. Wir sind fasziniert von der satten Farbe des Sees. Wir umfahren den Krater und halten bei jeder Gelegenheit, da wir gar nicht genug bekommen von der Farbe. Nach einigen Stunden ist der Dieseltank fast leer und an der nächsten Tankstelle gibt es leider nur Benzin. Wir verlassen den tollen Ort, solange der Motor noch warm ist.

Wir sind zurück auf dem Highway 101 und fahren der Küste entlang nach Kalifornien. Erinnerungen an 2020 kommen hoch und wir sehen noch vor uns, wie zur Corona Zeit alles abgesperrt war und wir mehrere Stunden nicht einmal anhalten konnten. Da nun wieder Normalität herrscht, besuchen wir alle Reiseziele die wir damals nicht besuchen konnten und nehmen uns Zeit die Küste zu entdecken.

Weiter im Süden, bereits in Kalifornien, besuchen wir den Pebble Beach. An dieser Stelle hat man lange Zeit Glas direkt an der Küste entsorgt. Das Glas hat sich über die Jahre in einen farbigen Strand mit «beach glas» verwandelt. Es ist Wochenende und der Strand komplett überfüllt. Scheinbar kommen Familien aus der Umgebung und suchen sich die schönsten Glasstücke zusammen. Es herrscht ein richtiger Wettbewerb unter den Kindern, wer die seltensten Stücke findet. Leider ist mittlerweile auch nicht mehr so viel «beach glas» vorhanden und die Idylle eines farbigen Strandes ist nicht mehr zu finden. Wir mischen uns trotzdem unter die Kinder und ergattern uns auch ein paar schöne Glassstücke. Am seltensten ist blaues Glas, was den Kindern (und uns natürlich auch) am meisten Freude bereitet.

Die ganze Kalifornische Küste ist atemberaubend und wir geniessen es einfach die Strasse dem Meer entlang zu folgen und alle Eindrücke auf uns wirken zu lassen. Nach ein paar Tagen erreichen wir Marshall. Lilya ist hier als Kind drei Jahre lang aufgewachsen und zur Schule gegangen. Leider sind ihre ehemaligen Nachbarn gerade in den Ferien, daher beschliessen wir weiterzufahren und nach San Francisco erneut vorbeizuschauen.

San Francisco, eines der schönsten Städte der USA – und wir werden gleich mit dem bekannten Küstennebel, der die Golden Gate umschliesst, begrüsst. Wir holen uns ein Hotel in Oakland und besuchen die Stadt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Wir klappern alle bekannten Sehenswürdigkeiten ab, geniessen die Restaurants in China Town und erklimmen keuchend die steilen Strassen. Zum Abendessen werden wir von einer alten Bekannten von Lilya zum Essen eingeladen. Wir geniessen die Gesellschaft und kehren spät abends zurück in unser Hotel.

So schön die Stadt auch ist, hat sie leider auch hier ein riesiges Problem mit Obdachlosen. Die horrenden Preise für Wohnungen kann sich fast Niemand leisten und obwohl jeder Obdachlose bis zu 800 Dollar pro Monat und Essensgutscheine von Staat bekommt, kann man davon aber nicht wirklich leben. Kilometer für Kilometer folgen wir der Hauptstrasse entlang, dort sind Zelt an Zelt Obdachlose gereiht und es werden immer mehr. Auch als wir zu den Painted Ladies laufen, hält ein Fahrzeug hinter uns an. Drei maskierte Männer steigen aus, schlagen die Scheibe eines Fahrzeuges ein, klauen alle Taschen und fahren wieder weg. Scheinbar alltäglich in San Francisco und es wird nicht wirklich etwas dagegen getan. Anton macht heimlich Beweisfotos vom Fluchtauto und schickt sie der örtlichen Polizei zu. Eine Antwort bekommt er jedoch nie.

Nach ein paar Tagen verlassen wir San Francisco wieder mit einem lachenden und einem weinenden Auge, freuen uns aber erneut nach Marshall zu gehen. Unterwegs besuchen wir aber noch Point Reyes, ein Leuchtturm der man mit 313 Treppenstufen der Küste entlang erreichen kann. Wir sind von Nebel eingeschlossen, es ist kalt, doch der steile Weg hält uns warm. Die rauhe See und der Leuchtturm am äussersten Spitz der Klippen entspricht genau unsere Vorstellung eines Seefahrer Abenteuer-Romans. Nach diesem Workout fahren wir weiter nach Marshall.

Marshall hat sich in 20 Jahren kaum verändert. Mehre Tage bleiben wir dort und schwelgen bei einer Tasse Kaffee zusammen mit Lilyas ehemaligen Nachbarn in Erinnerungen, bevor wir dann auch uns wieder auf den Weg nach Monterey machen, wo wir vor ein paar Wochen einen Termin für das Aquarium reserviert haben. Unterwegs können wir uns es nicht verkneifen und fahren an Silicon Valley und den Hauptstandort von Apple vorbei.

In Monterey angekommen ist es erneut sehr schwierig einen Schlafplatz zu finden. Wir wollen die Polizei fragen ob wir uns irgendwo hinstellen können, da die Einwohner keine Camper dulden und die Polizei dann anrückt und alle verscheucht. Wir können aber Niemand finden und stellen uns einfach auf den Parkplatz eines Wanderweges und zum Glück ohne Zwischenfälle. Die Stadt selber ist wunderschön und bekannt für Buckelwale, die sich in der Bucht aufhalten. Tatsächlich können wir auch in der Ferne Buckelwale und Delfine entdecken. Im Hafen kann man auch Otter und Seelöwen ganz nahe beobachten, weswegen wir fasziniert mehrere Stunden am Pier verbringen. Die Zeit ist gekommen und wir können ins Monterey Bay Aquarium. Das Aquarium ist zu jeder Zeit voll und wir sind zuerst auch etwas überfordert. Normalerweise gehen wir auch nicht gerne in Zoos oder Aquarien, doch das Monterey Bay Aquarium mit seinem einzigartigen Standort und den sehr informativen und wunderschönen Aquarien ist einfach schon etwas Besonderes und total empfehlenswert. Wir sind begeistert.

Wir fahren zunächst auf dem weltbekannten Highway 1 Richtung Süden, bevor wir die Küste hinter uns lassen und ins Landesinnere zum Sequoia National Park aufbrechen, mit den grössten Mammutbäumen der Welt. Die Temperatur steigt rasant an und übersteigt schon die 35 Grad Grenze. Es riecht nach Rauch und auf dem Gipfel wird auch klar weshalb. Kalifornien hat schon lange mit Dürre und Waldbränden zu kämpfen und riesige abgebrannte Landschaften sind hier keine Seltenheit. Leider verschwinden dadurch auch immer mehr riesige alte Bäume durch die Feuer und die National Parks werden immer kleiner. Uns ist es mittlerweile mit über 40 Grad zu heiss für eine Wanderung, also suchen wir uns ein schattiges Plätzchen im Wald um unser Lager aufzuschlagen. Am nächsten Tag besuchen wir den grössten Sequoia, den General Sherman Tree und fahren sogar mit unserem Camper durch einen Baumstumpf. Die Wanderung durch den Wald ist eindrücklich und die Vorstellung, dass durch einen winzigen Samen, ein solch grosser Baum entsteht, fasziniert uns total. Die Nachmittagssonne brennt durch den Wald und wir entschliessen uns die Berge wieder hinunterzufahren. Dazu müssen wir uns aber geduldig zeigen, da die steile Strasse gerne die Bremsen zum Brennen bringt und alle Fahrzeuge regelmässig Pausen machen müssen, um die Bremsen abkühlen zu lassen.

Auf dem Weg nach Los Angeles fahren wir durch unendlich scheinende Mandel Monokulturen. Wir kennen die Mandelfelder hauptsächlich aus dem Film more than Honey und sind gleichzeitig beeindruckt und traurig, wie sich diese Gegend entwickelt hat. Aber die vielen Menschen auf der Welt müssen nun mal ernährt werden.

In Los Angeles gibt es unglaublich viel zu sehen und wir planen effizient, was wir alles anschauen wollen. Erstes Ziel ist der berühmte Walk of Fame. Was soll man dazu sagen? Viele Leute, Spidermann, Batmann und Mickey Maus tummeln sich an jeder Ecke und bedrängen dich Fotos mit ihnen zu machen, natürlich gegen Bezahlung. Gut gesehen, hoch und runter gelaufen, weiter geht’s zum Hollywood Schild. Am gleichen Tag besuchen wir das Space Shuttle Endeavour und ein Kunstmuseum. Spannend ist ein weiteres Museum, welches die Geschichte der Teergruben in Los Angeles und deren Tierskelette zeigt, welche sie auch heute noch finden. «La Brea Tar Pits» nennt sich das Museum. Auf dem Gelände befinden sich noch immer Teergruben die schön vor sich hin blubbern und stinken. Eine aktuelle Grube die gerade ausgegraben wird kann man sich anschauen und sie zeigen detailliert auf wie viele Mammuts, Säbelzahntiger und sonstige Urzeitwesen sie schon darin gefunden haben. Zum krönenden Abschluss schnappt sich Anton abends das Auto, um das perfekte Foto von der Stadt zu schiessen, was wirklich sehr schwierig ist.

Alle Touristenaktivitäten in LA erledigt, geht es weiter zum Joshua Tree National Park. Die Temperaturen steigen erneut und gehen auch nachts nicht mehr unter 30 Grad, aber die Landschaft ist wie von einem anderen Planeten. Eine Starkregenfront zieht über das Land und überschwemmt die Hälfte des Parks. Die Konsequenz: wir kommen im Süden nicht in den Park, Plan B, wir müssen zum Nord-Eingang fahren. Wir übernachten unterwegs in der Wüste und fahren am nächsten Tag in den Park. Den ganzen Tag pesen wir Kreuz und Quer durch den Park, um die besten Fotos zu schiessen, übernachten im Park um Nachtaufnahmen zu machen. Am nächsten Tag fahren wir absichtlich die Offroad-Strecken im Park. Die überschwemmten Passagen halten andere Touristen von der Durchfahrt ab, uns bereiten sie aber Freude. Die Strasse führt plötzlich zu einem Feld voll von gelben Kakteen. Die Hitze drängt uns aber schnell wieder in unser klimatisiertes Fahrzeug zurück.

Nun wird es aber noch heisser, wir brechen nach Las Vegas auf. Die Hitze ist so unerträglich, dass wir uns ein Hotel mit Klimaanlage nehmen. Abends laufen wir dem Strip entlang und schauen gespannt der Wassershow vor dem Bellaggio Hotel zu. Nach fast einer Stunde haben auch wir genug von den Fontänen. Die Wolken ziehen zu, wir laufen zum Auto und plötzlich fängt es sinnflutartig an zu regnen. Innerhalb von Sekunden verwandeln sich die Strassen in Flüsse und der Verkehr steht still und man sieht nur noch Lichtblitze am Horizont. Wir schaffen es unbeschadet ins Hotel und verlassen Las Vegas am nächsten Tag, um den Hoover Dam zu besichtigen. Wir schlendern über den Dam, da es bei über 40 Grad auch nicht wirklich schneller geht. Wir sind unglaublich froh ins Museum zu gehen um etwas abzukühlen, bevor wir auf die Autobahnbrücke vor dem Damm laufen. Schnell ein paar Fotos machen und zurück ins Auto flüchten. Immerhin wissen wir jetzt, wie sich eine Pizza im Ofen fühlt.

Nach so viel Aufregung der letzten Wochen brauchen wir ein paar Tage, um zu verschnaufen. Dazu fahren wir nach San Bernardino hoch, wo wir bereits vor zwei Jahren waren und die Temperaturen kühl und erträglich sind. Wir nutzen die Zeit, um ein paar Sachen zu reparieren und Teile einzubauen, die wir in der Stadt gekauft haben. Man kann es kaum glauben, aber seit Wochen täglich an einem neuen Ort zu sein hat uns etwas ausgebrannt. Dazu hilft die Woche in San Bernardino auch, dass Erlebte zu verarbeiten und neue Kraft für neue Abenteuer zu schöpfen.

Unser letzter Stopp in den USA ist San Diego. Wir haben ein Päckchen mit Ersatzteilen hierhin schicken lassen, mit DHL von Deutschland. Alles vorher telefonisch abgeklärt, sollte doch kein Problem sein, denkste… Wir suchen unser Paket fast einen ganzen Tag lang und erhalten es schliesslich in der vierten Poststelle.

Am nächsten Tag besuchen wir den Balboa-Park. Es erinnert uns sehr stark an Südspanien mit den wunderschönen botanischen Gärten und alten Gebäuden. Nur fällt uns auf, dass die grossen verzierten Fassaden und Torbögen nicht wirklich alt sind, sondern ziemlich neu mit Beton nachgegossen errichtet wurden. Sieht zwar schön aus, nimmt aber ein bisschen das Flair von dem Ganzen. Halt typisch Amerikanische Architektur, mehr Schein als Sein… Ein schöner Ort für einen Spaziergang ist es dennoch.

Der Tag ist gekommen und wir nehmen Kurs Richtung Mexiko, einen neuen Kurs, den wir 2020 noch nicht entdecken konnten. Wir sind erneut extrem nervös und fahren zur mexikanischen Grenze in Tijuana. So reibungslos wie erhofft gestaltet sich die Einreise nach Mexiko jedoch nicht.

Mexiko wir kommen (hoffentlich)!

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